Die Sage vom Eichenwald, Sutthauser Bahnhof  

 

Einst, lange vor Anbeginn unserer Zeit, in den hellen, hoffnungsvollen Tagen, in denen die Erde noch jung war, stand an diesem Ort ein mächtiger, schweigender Eichenwald. Nur wenige wissen heute noch davon, und nur wenige seiner Spuren sind heute noch zu finden.  

 

Es war der Wald des Einhorns und der Riesen. Und es herrschte Friede an diesem Ort. Tiefer Friede. Das Leben verging und wuchs, wuchs und verging, und alles war erschaffen wie für alle Ewigkeit.  

 

Doch dann kam der Mensch mit seinem kleinlichen Trachten. Und entweihte den Wald. Hieb Holz für seine Häuser. Rodete ihn für seine Felder. Und das Einhorn wanderte fort - wohin, weiß niemand. Da hielten, so sagen die alten Leute hier, die Riesen Rat gegen die Menschen. Und traten ihnen entgegen. Und die Menschen erkannten, was sie getan hatten.

Und versprachen, den Resten des Waldes auf immer ihre Ruhe zu lassen.    

 

An der Stelle aber, an der die Riesen einst Rat hielten, stehen heute diese Stühle  aus uraltem Eichenholz. Und manchmal, sagen die Leute, in mondhellen Nächten,  soll es hier nicht ganz geheuer sein. Dann ist es, als klängen Stimmen im Wind.  

 

Geisterhaft tiefe Stimmen, die Rat halten – worüber weiß niemand.    Nur eines ist gewiss: Wenn der Morgen graut, ist zuweilen ein Hufabdruck zu  sehen vor den Riesen unten am Weg, die von den Menschen gemacht sind,  um sich an ihr Versprechen zu erinnern. Denn in solchen Nächten strahlen sie  wie Spiegel.